N Die Schatzinsel – Teil V N

von Dan Richter

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John Silver: Bohni
Jim Hawkins: Stephan Zeisig
Trelawney: Volker Strübing
Erzähler, Kapitän Smolett, Papgei: Dan Richter
Dr. Livesey: Robert Naumann
Pirat 1: Christopher Noodt
weitere Piraten: Die Ohrbooten

(aufgeführt am 29.1.04)

 

Erzähler: Wir schreiben das Jahr 1762. Der 15jährige Jim Hawkins gelangt unter abenteuerlichen Umständen in den Besitz der Karte einer Insel, auf der der Schatz des verstorbenen Piratenkapitäns Flint vergraben sein soll. Jim, Friedensrichter Trelawney und Dr. Livesey heuern ein Schiff in Bristol. Mit Hilfe des einbeinigen Kochs John Silver wird eine, vorsichtig ausgedrückt, skurrile Mannschaft zusammengestellt, von der auch der ständig betende Kapitän Smolett nicht begeistert ist. Als Jim eines Abends in die Apfeltonne kriecht, belauscht er John Silver und einen Matrosen. Und jetzt wird die böse Ahnung zur Gewissheit – die gesamte Mannschaft besteht aus der Crew des alten Kapitän Flint, die nur auf einen günstigen Moment wartet, unseren Helden die Kehle durchzuschneiden. Doch da ertönt auch schon der Ruf „Land in Sicht“. Dramaturgisch ist natürlich klar, dass dieser Ruf sich nicht auf den Hafen von Warnemünde bezieht, sondern ganz klar auf –

Die Schatzinsel!

 

Jim (übers Mikro erzählend): Nachdem Silver und Tom Morgan verschwunden waren, sprang ich flink wie ein Wiesel aus der Tonne und eilte zur Kajüte, in der Trelawney und Livesey ihre Nächte gemeinsam verbrachten, womit ich ihnen nichts unterstellen möchte, aber so war’s. Ich erzählte ihnen, was ich belauscht hatte.

 

In der Kajüte. Trelawney, Livesey, Jim

Szene 7

Trelawney: Um Himmels Willen, Jim! Willst du damit andeuten, dass Silver uns hauen will?

Jim: Schlimmer noch, Mr. Trelawney! Er will…

Trelawney: Sag nichts! Ich weiß schon. Du willst sagen, dass er gewisse… nun ja, ähem „Praktiken“ mit uns durchzuführen beabsichtigt, dieser Schlingel!

Jim: Oh Gott! Nein! Schlimmer noch! Er will…

Trelawney: Sag nichts! Du meinst…

Jim (rastet aus): Nun lasst mich doch nur ein einziges Mal ausreden!

Livesey: Nicht frech werden, Bürschchen!

Jim (schreit): Schnauze!

Livesey und Trelawney zucken zusammen.

Jim: Umbringen! Umbringen wollen die uns. Das sind keine normalen Matrosen! Das ist die ganze Bande vom alten Admiral Flint!

Trelawney: Hach, ist das aufregend!

Jim: Mann, die wollen uns umbringen!

Livesey (geht gelehrt auf und ab, zieht an seiner Pfeife): Tja! Das ist allerdings ein ernsthaftes Problem.

Jim: Wo ist eigentlich der Käptn?

Livesey: Der betet wieder.

Trelawney: Ich dachte der schläft wieder seinen Rausch aus.

Livesey: Trelawney, gehen Sie mal in seine Kajüte und sagen Sie ihm bescheid, er soll kommen.

Trelawney: Menno! Immer ich!

Trelawney ab.

Livesey: Und nun zu dir, schöner Jim.

Jim: Was meinen Sie, Sir?

Livesey: Zieh dich aus!

Jim: Wie bitte?

Livesey: Zieh dich aus, wir haben nicht so viel Zeit.

Jim: Aye, aye Sir!

Kapitän Smolett kommt hereingetorkelt

Smolett: Hi Mädels! Habt ihr schon gehört? Wir steuern direktemang auf die Insel zu.

Livesey: Kapitän Smolett, Sie kommen aber auch immer im falschen Moment. Jim und ich wollten’s uns gerade gemütlich machen.

Smolett: Entschuldigung, die Herrschaften!

Jim: Aber die Piraten! Sie wollen uns umbringen.

Pirat 1 kommt fechtend mit Trelawney in die Kajüte. Pirat 1 tötet Trelawney. Dann ersticht er nacheinander den Doktor, den Kapitän und Jim.

Pirat 1: So. Das war’s. Ende der Geschichte. verbeugt sich vorm Publikum.

John Silver tritt auf.

Silver: Hä? Was soll’n das? Die Geschichte soll hier zu Ende sein?

Pirat 1: Ja.

Silver: Aber dann hab ich ja überhaupt nichts mehr zu sagen.

Papagei: Piaster! Piaster!

Silver (streichelt Papagei): Ist ja gut mein Kleiner!

Pirat 1: Also ein anderes Szenario?

Silver: Ja, du Hirni!

Silver ab.

Pirat 1: Schade! Also dann (überreicht einem Zuschauer eine imaginäre Fernbedienung): Drück mal auf Rücklauf!

Wenn der Zuschauer „gedrückt“ hat, wird die Tötungsszene „rückwärts“ abgespielt. Die Toten stehen in umgekehrter Reihenfolge wieder auf. Pirat 1 und Trelawney fechtend ab.

Jim (im selben Tonfall wie vorher): Aber die Piraten! Sie wollen uns umbringen.

Smolett: Piraten? Ich hab’s ja geahnt. Oh Gott! Was sollen wir nur tun?

Livesey: Am besten, Kapitän, Sie geben der Mannschaft bis zum Abend Landurlaub. In der Zwischenzeit müssen wir das Vorschiff zu einer Festung ausbauen. Dickson und Trelawneys Diener Joyce sind auf unserer Seite.

Jim: Trelawney hat einen Diener namens Joyce? Wo ist der denn?

Smolett: Der betet gerade.

Jim und Livesey: Der auch?

Smolett: Ja.

Livesey: Und warum hab ich diesen Diener noch nie gesehen?

Smolett: Weil wir so viele Schauspieler nun auch nicht zur Verfügung haben.

Livesey: Das ist aber, offen gesagt, Scheiße! Ganz große Scheiße ist das! Dies hier ist das beste Theaterstück, welches derzeit in dieser Stadt aufgeführt wird, und wir kriegen keinen Pfennig Subventionen. Wie sollen wir denn da genügend professionelle Schauspieler anstellen?

Jim: Professionell wie du?

Livesey: Halt den Mund, du Naseweis!

Smolett: Wir können jetzt aber nichts an der Berliner Subventionspolitik ändern!

Jim: Nächstes Mal wähle ich FDP.

Smolett: Scheiße Mann! Wir befinden uns im 18. Jahrhundert, vor der Tür lauern Dutzende Piraten und ihr redet von der FDP!

Jim: Na, wo waren wir denn stehengeblieben?

Alle denken nach.

Livesey: Ach ja: „Am besten, Kapitän Smolett gibt der Mannschaft bis zum Abend Landurlaub. In der Zwischenzeit müssen wir das Vorschiff zu einer Festung ausbauen. Dickson und Trelawney Diener Joyce sind auf unserer Seite.“

Jim: Trelawney hat einen Diener Joyce? Wo ist der denn?

Smolett: Der betet gerade.

Livesey: Ich hab das Gefühl, wir geraten in eine Zeitschleife.

Jim: Oh Gott! Das auch noch. Bloß raus hier!

Smolett: Gute Idee, Jim. Komm ruhig mit an Deck! Livesey! Machen Sie hier in der Kajüte alles klar.

Livesey: Aye, aye, Sir!

Alle ab.

Szene 8

 An Bord. Smolett und Jim auf der einen Seite. Silver und die Piraten auf der anderen Seite.

 

Smolett: Männer!

Silver & Piraten: Jaa!

Smolett: Männer! Ihr habt hart gearbeitet. Deshalb gebe ich euch Landurlaub.

Silver & Piraten: Hurrah!

Smolett: Um 17:42 Uhr werde ich einen Kanonenschuss abfeuern, dann kommt ihr wieder zurück an Bord.

Silver: Lang lebe der Kapitän!

Piraten: Hurrah!

Silver: In die Boote, Männer!

Männer gehen in die Boote.

Silver & Piraten (rudern): Hauruck! Hauruck!

Jim springt im letzten Moment noch in eins der Boote.

Smolett: Jim! Was machst du denn da? Komm zurück! Jim!

Silver: Oh! Da ist uns ja ein schöner Fisch ins Netz gegangen. Passt gut auf ihn auf.

Silver & Piraten singen:
|: Fünfzehn Mann auf eines Toten Truh’

Jo-ho-ho, Rum schmeckt gut dazu! :|

Smolett: Oh Gott! Das Piratenlied. (geht ab)

Silver & Piraten: Hauruck! Hauruck!

Pirat 1: Vorsicht! Die Sandbank!

Silver, Jim und Piraten ruckeln nach vorn
Jim springt aus dem Boot.

Silver: Passt auf den Jungen auf!

Jim rennt ins Publikum bis nach hinten.

Silver: Verdammt! Jetzt ist er in diesen stinkenden Dschungel entwischt! Na schön. Dann werden wir uns eben allein vergnügen.

Piraten: Hurrah!

Silver: Na dann – zieht euch mal aus, ihr Schnuppelhasen!

Piraten: Hurrah!

Erzähler: Werden wir demnächst die Piraten nackt sehen? Wollen wir das überhaupt? Wie schlägt sich Jim allein auf der Insel durch? Wo sind überhaupt die Palmen? Ist ihr Fehlen durch den eisigen Berliner Winter zu erklären? Warum beten die Nebenfiguren ständig? Will sich der Autor damit über Gott lustig machen? Oder übers Beten oder über die Erwähnung von nicht auf der Bühne gezeigten Handlungen. Wenn Sie ein minimales Interesse an der Beantwortung einer dieser Fragen haben, dann schalten Sie auch nächste Woche wieder ein, bei einer neuen Folge der

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