Kommissar Mörharts letzter Fall  VIII

von Dan Richter


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Reporter – Bohni
Püschel – Uli
Hannemann
Teufling, Sprecher, Alarm-Möp – Dan
Richter
Wachtmeister Schweinmann –
Stephan Zeisig
Steißmeier –
Robert Naumann
Wachtmeister Hundling – Jochen
Schmidt
Irre: Publikum
Requisiten: Projektor + 2 Folien, offene Aktentasche ist der Monitor, Kabel

 

 (aufgeführt am 2.6.05)

 8. Ein Zwischenfall in der Forensischen

SPRECHER: In der St. Maximilian-Kirche wird der einzige treue Kirchgänger, Herr Krausnick, bestialisch gekreuzigt. Der senile Glöckner Steißmeier gesteht und wird verhaftet und bringt seinen Anwalt um. Kommissar Mörhart wittert Verschwörungen noch und nöcher. Aber schließlich wird Steißmeier verurteilt und in der forensischen Abteilung des Gefängnisses untergebracht. Ein Psychologe soll ihn betreuen. Chefoberhauptoberinspektor Teufling begrüßt diesen am Eingang der Justizvollzugsanstalt.

Teufling, Püschel.

TEUFLING: Ah, der Herr Dr. Püschel, da sind Sie ja.

PÜSCHEL: Guten Tag.

TEUFLING: Guten Tag! Teufling ist mein Name.

PÜSCHEL: Ich weiß.

TEUFLING: Ja, ja, wir haben ja telefoniert.

PÜSCHEL: Richtig.

TEUFLING: Ja, gut, dann machen wir das so wie vereinbart. Sie übernehmen die psychologische Behandlung von Steißmeier. Und die Ergebnisse der neurologischen Tests können Sie ganz nach Belieben für Ihre eigenen Zwecke verwenden.

PÜSCHEL (kichert sinister): Hehehe.

TEUFLING: Hm, dann kommen Sie mal mit. Ich zeig Ihnen dieses Monster gleich mal. Haben Sie Ihre Ausrüstung dabei?

PÜSCHEL: Ja.

Sie gehen durch die Gänge der Forensischen Abteilung.

Sicherheitstür mit Magnetkarte öffnen. Sie gehen weiter.

TEUFLING: Der Steißmeier war Glöckner. Wir haben ihn mit den anderen Irren hier im forensischen Keller untergebracht.

Schwere Sicherheitstür. Davor Wachtmeister Hundling.

HUNDLING: Guten Tag, Oberhauptchefinspektor Teufling.

TEUFLING: Guten Tag!

 

Hundling schließt umständlich verschiedene Schlösser auf und schiebt schwere Riegel beiseite.

 

PÜSCHEL: Die Sicherheitsvorrichtungen sind ja geradezu vorbildlich.

 

Hundling schließt weiter am selben Tor. Dann öffnet er sie.
Püschel und Teufling gehen durch den Korridor. (Mittelgang durchs Publikum)

 

TEUFLING: Kommen Sie, kommen Sie. Hier auf der linken Seite des Trakts sind die Tiermörder untergebracht. Ganz perverses Kroppzeug.

PÜSCHEL: Tiermörder? Soll das heißen, hier kommen Leute in die Klapse, weil sie ihren Dackel vergiftet haben?

TEUFLING: Hahahahaha! Sie sind mir ja ein ganz Komischer. Natürlich nicht. Diese Irren haben Tiere benutzt, um ihre Mitmenschen aus dem Weg zu räumen. Hier z.B. Zelle 201 bis 300 der Klassiker: Kampfhund als Waffe. Da hinten ist es schon seltsamer. Nummer 309 hat seine Frau mit einer lebenden Ente erschlagen. Krass auch er hier – Nummer 327. Der hat eine Anakonda genommen.

PÜSCHEL: Um seine Alte zu erwürgen?

TEUFLING: Hahahahaha! „Um seine Alte zu erwürgen!“ Hahahahaha! Der war nicht schlecht. Hahahahaha! „Seine Alte erwürgen!“ Das muss ich dem Mörhart erzählen

PÜSCHEL: Was ist denn daran so lustig.

TEUFLING: Gar nichts.

PÜSCHEL: Das heißt?

TEUFLING: Nummer 327 hat die Enden der Anakonda an den Pfosten des Gartentors geknotet. Seine Frau ist drübergestolpert und hat sich dabei das Genick gebrochen.

PÜSCHEL: Ah ja. Sehr interessant. Den muss ich mir bei Gelegenheit mal ansehen.

 

Beide wieder auf die Bühne. Dort Steißmeier in seiner Zelle.

 

TEUFLING: So. Da wären wir. Nummer 388. Johann Steißmeier. Glöckner von Beruf. Delikt: Mord durch Kreuzigung. usw. usf. Na, das steht ja alles in Ihren Akten.

PÜSCHEL: Ja, Freundchen.

TEUFLING: Wie bitte?

PÜSCHEL: Was?

TEUFLING: Was haben Sie da eben gesagt?

PÜSCHEL: Was denn?

TEUFLING: Haben Sie da eben „Freundchen“ gesagt?

PÜSCHEL: Ich hab gar nichts gesagt.

TEUFLING: Na gut. Also: Das Wichtigste steht wie gesagt in Ihren Akten. Das Allerwichtigste aber: Dieser Kerl ist nach wie vor gefährlich. Lassen Sie sich nicht von seinem harmlosen Äußeren einlullen. Der hat schon seinen Anwalt auf dem Gewissen.

PÜSCHEL: So, so.

TEUFLING: Wir müssen, wie Sie ja sicherlich wissen, hinter Ihnen die Tür verschließen. Wenn Sie Hilfe brauchen sollten, dann drücken Sie auf diesen Knopf. (Gibt ihm einen Knopf)

PÜSCHEL: Und was passiert dann?

TEUFLING: Ich weiß nicht. Wir haben ihn noch nie gebraucht. Aber ich schätze mal, dann geht irgendwo eine Lampe an, und die Hilfe naht augenblicklich.

PÜSCHEL: Na, dann ist ja alles super. Vielen Dank, Herr Teufling.

TEUFLING: Viel Vergnügen, Herr Dr. Püschel.

Teufling öffnet Püschel die Tür.

PÜSCHEL: Danke schön.

Teufling schließt hinter Püschel die Tür und geht ab.
Püschel in der Zelle sieht Steißmeier zunächst nicht.

JOHANN: Guten Tag!

PÜSCHEL (erschrickt): Aaaaah!

JOHANN: Warum so schreckhaft, schöner Mann?

PÜSCHEL: Ich bin nicht schreckhaft, ich bin Ihr Psychologe. Dr. Püschel.

JOHANN: Oh, guten Tag! Sie wissen, was ich mit meinem Anwalt getan habe?

PÜSCHEL: Ja.

JOHANN: Was denn?

PÜSCHEL: In den Akten steht „erwürgt“.

JOHANN: Das ist nur die halbe Wahrheit.

PÜSCHEL: Was ist denn die ganze?

JOHANN: Ich habe mir aus seinem Darm ein Springseil gebastelt.

PÜSCHEL (lacht unsicher): Ja, haha. Nun, äh, ich denke, da haben wir noch viel vor uns, nicht wahr?

JOHANN: Ach ja? Was schlagen Sie denn für unsere erste Sitzung vor?

PÜSCHEL: Ich würde gerne mit Ihnen ein Elektro-Enzephalogramm machen.

JOHANN: Gern. Nur zu.

legt ihm Drähte an den Kopf.

PÜSCHEL: So entspannen Sie sich. Alles klar?

JOHANN: Ja.

PÜSCHEL: Gut. Dann geht’s jetzt los.

Püschel schaltet den Projektor an

1. Folie: Normales Oszillieren (dieselbe Folie mehrmals)

PÜSCHEL: Ah ja. Hmm. Hmm. Hmm.... Hä?

2. Folie: „Leck mich!“

JOHANN (bösartig): Hahahaha!

PÜSCHEL: Was ist denn das für eine Scheiße!

JOHANN: So, jetzt bist du fällig. (reißt sich die Drähte vom Kopf und geht mit ausgestreckten Armen auf Püschel zu)

PÜSCHEL: Scheiße, Scheiße, Scheiße! Wo ist denn dieser blöde Alarmknopf von dem Chefinspektor. (findet ihn und drückt drauf)

SPRECHER: Zur selben Zeit in der Wachzentrale.

Projektor aus. Püschel und Steißmeier ab.
Hundling und Schweinmann sehen fern in der Wachzentrale.
Reporter improvisiert leise Fußballbericht.

HUNDLING (springt auf): Tor! Tor! Tor! Wahnsinn!

Geräusch: Alarmtröten

SCHWEINMANN (springt auf): Tor! Tor! Mann, was ist denn das für ein Tröten!

HUNDLING: Tor! Tor!

SCHWEINMANN: Oh Mann! Mach doch mal dieses Tröten aus!

HUNDLING: Tor! Tor! Ach so! Das ist der Alarm.

SCHWEINMANN: Ausgerechnet jetzt.

HUNDLING: Hm! Na ja, Alarm ist Alarm. Das können wir ja wohl schlecht ignorieren.

SCHWEINMANN: Da hast du auch wieder recht.

HUNDLING: So ein geiles Tor aber auch!

SCHWEINMANN: Hm.

HUNDLING: Na gut, ich mach’s erst mal aus. (drückt auf Knopf. Alarm geht aus)

SCHWEINMANN: Wo kommt denn das eigentlich her?

HUNDLING: Wart mal. Äh... Ah ja! Aus der Zelle von dem Steißmeier.

SCHWEINMANN: Ah! Zelle 388. Haben wir da drin nicht eine Überwachungskamera?

HUNDLING: Ach, stimmt ja. Na, ein Glück!

SCHWEINMANN: Mach mal an.

Sie gehen zum Monitor (klappen Laptoptasche auf) und betrachten ihn.

HUNDLING: Oh ha!

SCHWEINMANN: Au, au, au! Das sieht aber gar nicht gut aus.

HUNDLING: Also ich würde sagen, der Psycho-Fritze schwebt in Lebensgefahr.

SCHWEINMANN: Wo de recht hast, haste recht.

HUNDLING: Hmm, ich hab das jetzt gar nicht so genau im Kopf – wie war das noch mal, was müssen wir da machen?

SCHWEINMANN: Puh, äh..., also ehrlich gesagt weiß ich das jetzt auch nicht so aus dem FF. Steht da nicht irgendwas in der Dienstordnung?

HUNDLING: Ja! Genau. Gib doch mal die Dienstordnung rüber.

SCHWEINMANN: Wo isn die?

Hundling setzt sich wieder vor den Fernseher. Schweinemann geht von der Bühne ab.

HUNDLING: Na im Regal. (das Fußballspiel betrachtend) Au! Ahh! Mann Abseits! Abseits! Dieser Blindgänger! Du Pfeife! Das war Abseits!

SCHWEINMANN (aus dem Off): Ich find die nicht.

HUNDLING: Abseits, du Döskopp! Das sieht doch ’n Blinder mit Krückstock.

SCHWEINMANN (Off): Ja, ich aber nicht!

REPORTER (etwas lauter): Und das war auch schon der Pfiff zur Halbzeit. Damit

HUNDLING: Das kann doch nicht wahr sein. So ein Scheiß!

Hundling schaltet den Fernseher aus.

SCHWEINMANN: Ach hier!

Schweinmann kommt mit Broschüre auf die Bühne und blättert darin

HUNDLING: Und?

SCHWEINMANN: Äh… in welchem Kapitel eigentlich?

HUNDLING: Kapitel Notruf.

SCHWEINMANN: Ach hier steht’s ja! „Im Falle der Ertönung der Notrufanlage...“

HUNDLING: Was ist denn das für ein Deutsch! „Ertönung!“

SCHWEINMANN: Ist doch jetzt egal. Also: „Im Falle der Ertönung der Notrufanlage ist für umgehende Verständigung der Wachschutzgruppe zu sorgen.“

HUNDLING: Na, das ist aber blöd jetzt.

SCHWEINMANN: Wieso?

HUNDLING: Na, die Wachschutzgruppe sind wir doch selber.

SCHWEINMANN: Hm. Und was machen wir jetzt?

HUNDLING: Wie weit ist er denn? Guck mal auf den Monitor.

Beide schauen wieder auf den Monitor

SCHWEINMANN: Hm, also ich geb dem Psychotypen keine Chance mehr.

HUNDLING : Ich frag mal den Steißmeier per Sprechanlage. (durchs Mikro) Hallo? Hallo Steißmeier?

JOHANN (aus dem Off durchs Mikro): Ja?

HUNDLING: Wir sind’s vom Wachschutz. Also, wir wollten nur wissen, ob Sie jetzt schon fertig sind oder ob es sich für uns noch lohnt, extra den Elektroschocker, die Handschellen und die Zwangsjacke für Sie mitzubringen.

JOHANN: Nein, nein, ich bin schon fast fertig.

HUNDLING: Ah ja. Und der Psycho? Hat der noch irgendeine Chance?

JOHANN: Also, wenn Sie mich fragen, nein.

HUNDLING: Gut, das heißt, wir müssen uns nicht beeilen?

JOHANN: Nö, eigentlich nicht.

HUNDLING: Gut, wir wollten nämlich noch das Spiel zuende gucken. Wir kommen dann nachher in so 45 Minuten runter, die Leiche holen. OK?

JOHANN: OK. Wie steht’s eigentlich?

HUNDLING: Eins zu eins. Ist grad Halbzeit.

SPRECHER: Halbzeit auch für dieses Drama? Eigentlich sieht doch wohl alles nach Endzeit aus, jetzt wo Mörhart nicht mal mehr selber mitspielt. Glaubt der Autor, diesem in seinen letzten Zügen liegenden Stück noch mit derartigen Brutalitäten einen Pfiff zu geben? Andererseits war Subtilität noch nie ein Hauptkennzeichen dieser Serie. Sollte das aber nächsten Folge anders werden? Wird Mörhart sich verlieben? NEIN! NEIN! UND NOCHMALS NEIN! Dieses Stück bleibt grausam bis zum bitteren Ende. Denn das Leben ist keine Zuckerwatte. Das Leben ist eine leere Muschelschale, die am Grund des Meers hin und herwogt, um dann doch nicht an Land gespült zu werden, sondern eine geriffelte Oberfläche hat. Was sollen diese seltsamen Vergleiche? Hat jemand in dieser Folge die feine Kritik an Videoüberwachung und Sicherheitspolitik bemerkt? Oder sollte man besser fragen – wer hat diese platte Anspielung nicht bemerkt? Warum werden die Schlusskommentare immer länger, obwohl immer weniger in ihnen gesagt wird? Die Antwort findet ihr vielleicht erst im nächsten Leben, vielleicht aber schon nächste Woche bei einer neuen Folge von „Kommissar Mörharts letzter Fall“.

Verbeugung der Schauspieler

 

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