Robert Naumann
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Nachbarschaftshilfe
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8 Uhr
Arbeitsbeginn | KaDeW
| Streetworker
Rudolf K. | Wie
mir mal ein Spaziergang die Augen öffnete
Zum Hören:
- (MP3-Stream, 321 KB) Der
kleine Schmarotzer
- (MP3-Stream, 398 KB) Winter
in Deutschland
Amerika!
Ich dachte mir, warum nicht mal
nach Amerika fliegen, einfach mal raus, den Duft der großen weiten
Welt schnuppern, alles stehen und liegen lassen, ganz spontan in den Flieger
setzen, ab geht die Post, die Freiheit spüren, die Enge Deutschlands
verlassen, den Kopf frei machen, die Seele baumeln lassen, alles vergessen,
auch mal Fünfe gerade sein lassen. Ich pack die Badehose ein, Zahnbürste
und natürlich Hoppel, meinen Plüschhasen, der immer so coole
Sprüche draufhat. Der Koffer platzt aus allen Nähten. Egal, ab gehts.
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Im Flugzeug merke ich, daß
ich Poppel vergessen habe, meinen anderen Plüschhasen, der beim Essen
immer spuckt. Na ja, jetzt ist es zu spät. Jetzt bin ich auf dem Weg ins Land
der unbegrenzten Möglichkeiten, muß auch mal ohne Poppel gehen. Schwuppdiwupp landet der Flieger
in New York, in dieser Stadt, wo einfach alles möglich ist, wo einfach
nichts unmöglich ist. Ich steig aus dem Flieger und oh
Mann, ich kann die Freiheit riechen, echt. Sie riecht wie Schweinegepullertes.
Eher nicht so angenehm also, aber das ist mir in diesem Moment egal. Wußte
ich ja gar nicht, hab ja die Freiheit noch nie gerochen, war ja immer Gefangener
von mir selbst.
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Ooh und diese Wolkenkratzer, die
kratzen ja fast an den Wolken, das ist einfach unglaublich. Der Jet-leg hat mich müde
gemacht. Ich muß gähnen. Eine original amerikanische Fliege
fliegt mir in den Mund. Ich schlucke meinen Ärger darüber hinunter.
Was soll ich mich darüber aufregen, ich bin in Amerika, dont worry,
be happy. Ich geh mal los, schlender durch
die Straßen. Das pure Leben überall. Die Leute tanzen auf den
Straßen, überall Hot Dogs und Hamburger, Obdachlose stehen vor
brennenden Mülltonnen und reiben sich die Hände, tausende Rastalockentypen
spielen Saxophon auf dem Bürgersteig, dicke Neger mit kiloschweren
Goldketten rappen Raps, Mädchen im Bikini rollen Rollschuh. Das ist Amerika, das ist echtes
Amerika.
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Ein Auto fährt vorbei und
ein Typ mit Kapuze und Knarre knallt die ganzen Neger ab. Ku-Klux-Klan, sag ich nur. Es gibt
eben auch Schattenseiten. Aber Schwamm drüber. Ich muß mir mal `n Hotel
suchen, wo ich schlafen kann. Da ist schon eins. Sieht zwar echt übel
aus, aber ich bin zu kaputt, um noch weiter zu suchen. Sind nur Zweibettzimmer
frei, sagt der Mann an der Rezeption. Okay, sag ich.
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Ich geh zu meinem Zimmer und mach
die Tür auf. Wahnsinn, ich fasses nich, da liegt Robert de Niro auf dem Bett, nur so mit Unterhosen
und Hemd, ne Zigarette in der einen, ne Flasche Whisky in der anderen Hand.
Hey, sagt er. Ich kann gar nichts sagen, weil ich total sprachlos bin. Er erzählt mir dann, daß
er in seinem nächsten Film einen abgehalfterten, heruntergekommenen
Schriftsteller spielt. Um sich richtig in die Rolle einzufühlen, ist
er hier in diesem schäbigen Hotel und besäuft sich. Wahnsinn, sag ich nur. Jetzt steht
de Niro auf und fängt an, die ganzen Schaben, die herumkrabbeln, aufzuheben
und zu essen. Entsetzt gucke ich ihn an. Er erklärt mir, daß
der Typ auch geistig verwirrt ist. Ach so. Ich geh ins Bett, bin total
müde.
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Als ich am nächsten Morgen
aufwache, ist Robert de Niro verschwunden. Mein Koffer auch. Ist okay. Da der geistig verwirrte
Schriftsteller das getan hätte, mußte es auch Robert de Niro
so machen. Für die Kunst opfer ich meinen Koffer doch gern. Nur um
Hoppel tut es mir ein bißchen leid, weil der immer so coole Sprüche
draufhat. Jetzt steh ich auf dem Flughafen
und gucke noch mal sehnsüchtig auf die Stadt. Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß ich
jetzt wieder zurück muß. Ein schwermütiger Seufzer
entringt sich meiner Brust und eine Träne kullert aus dem rechten
Auge. Bye, bye, Amerika, im nächsten
Jahr.
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